Angetan von der Geduld und Begeisterungsfähigkeit der Kleinsten
„Der Säugling lernt im Lauf seiner Bewegungsentwicklung nicht nur sich auf den Bauch drehen, nicht nur das Rollen, Kriechen, Sitzen, Stehen und Gehen, sondern er lernt auch das Lernen. Er lernt, sich selbständig mit etwas zu beschäftigen, an etwas Interesse zu finden, zu probieren, zu experimentieren. Er lernt Schwierigkeiten zu überwinden. Er lernt die Freude und die Zufriedenheit kennen, die der Erfolg -das Resultat seiner geduldigen, selbständigen Ausdauer-für ihn bedeutet.“
Emmi Pikler
In meinem Spielraum möchte ich den Kindern und Eltern eine liebevoll vorbereitete Umgebung bieten, die die Kinder anregt und einlädt, frei und selbständig die Spiel- und Bewegungsmaterialien zu erkunden.
Es wird eine ruhige Atmosphäre geschaffen, die es den Eltern ermöglicht, ihre Kinder mit Achtsamkeit zu beobachten und sich so mit ihnen an ihren Fähigkeiten zu freuen.
Im Spielraum erleben die Eltern, dass Kinder sich in ihrem eigenen Tempo und Rhythmus entwickeln.
Durch meine Arbeit, die geprägt ist durch den pädagogischen Ansatz Emmi Piklers, möchte ich die Eltern unterstützen ihre Beziehung zu ihrem Kind zu vertiefen.
Den Ablauf im Spielraum gestalte ich so, dass es ein immer wiederkehrendes Begrüßungsritual gibt, das es den Kindern ermöglicht, anzukommen.
Danach haben sie Zeit, den Raum und die Materialien zu erkunden.
Gegen Ende singen wir ein bis zwei Lieder und beenden die Zeit im Spielraum wiederum mit einem kurzen Ritual.
Ergänzend zu dem Austausch im Spielraum ist in den Elternabenden Zeit und Raum tiefer über die Beobachtungen und über aufkommende Fragen zu sprechen.
Meine Spielraum Gruppen biete ich über die Familienbildungsstätte Asperg an. Sie unterscheiden sich nach Alter des Kindes bei Beginn des Kurses:
Mit dem Pikler-Podest kann Dein Kind erste Erfahrungen mit der Höhe einer Treppenstufe machen: von allen Seiten kann es das Podest besteigen, und auf allen Seiten kann es wieder herunter kriechen und krabbeln.
Von der Vorsicht des kleinen Kindes
In der Regel gehen Kinder vorsichtig mit Höhe um, wenn sie zunächst vom Boden kommend die Höhe selbst errungen haben. Die Erfahrung des Aufstiegs ermöglicht es ihnen, einzuschätzen, wie tief es wieder hinunter geht.
Wenn ein Kind das Podest erst im Alter des Sitzens kennen lernt, besteht die Möglichkeit, dass es sich zu nah an den Rand setzt, das Gleichgewicht verliert und rückwärts herunter fällt. Daher stellen wir die Kiste in unseren Spielgruppen grundsätzlich auf einen dämpfenden Teppich und die Spielraum Leiterin hat ein Auge auf Kinder, die zum ersten Mal auf der Kiste spielen. Im Zweifel fängt sie den Kopf des fallenden Kindes schützend in den Händen, um ihm den Aufprall zu ersparen. Der Sturz selbst ist Schreck genug!
Häufig steigt das gestürzte Kind kurz darauf wieder auf das Podest. Ob es herausfinden will, wie es zu dem Sturz kam?
Silas‘ Entdeckungen am Pikler-Podest
In der vergangenen Woche hatte Silas*, 11 Monate, das Pikler-Podest ganz für sich: zusammen mit Spielsachen, die sich hervorragend zum Klopfen, Schütteln, Baumeln- und Rollen-lassen eignen, hatten seine Eltern das Podest beim Familienspielraum ausgeliehen.
Von der Entdeckung der Höhe:
Silas entdeckte bald, dass er das Pikler-Podest von der Seite besteigen kann. Die Höhe entspricht einer Treppenstufe. Doch ist die Treppe mit einem Schutzgitter gesperrt. Hier am Pikler-Podest kann Silas üben, ohne dass wir um seine Sicherheit fürchten müssen. Auch wenn es – zugegeben – dramatisch aussieht, wenn er vorwärts von der Kiste zurück auf den Boden kriecht!
Vom kindlichen Bewusstsein vom Unsichtbaren:
Dabei muss man wissen, dass Kinder zunächst kein Bewusstsein für das haben, was hinter ihnen ist. Sie verlassen sich auf die Welt vor ihren Augen.
Wenn wir Silas auf dem Pikler-Podest umdrehen und ihm vorschlagen „Probier’s mal rückwärts“, hat er einen Konflikt zu lösen zwischen seinem eigenen Bedürfnis – sehen, wo es hingeht – und unseren Erwartungen.
Hinschauen und einschätzen lernen:
Schauen wir genau hin: wie vorsichtig streckt er den Arm zum Boden aus, wenn er oben bäuchlings auf dem Podest liegt! Stück für Stück schiebt er sich mit den Füßen vorwärts, näher zur Kante, tastet und schaut und spürt seinen Schwerpunkt und schätzt ein, ob er sich traut, selbst herunter zu krabbeln.
Wenn er sich noch nicht traut, wird er nach uns rufen, und wir können mit ihm über die Situation sprechen, ihn auf den Arm nehmen und von da aus wieder zu seinem Spiel am Boden lassen.
Vom Wechsel zwischen Großmotorik und Feinmotorik
Möglicherweise erholt er sich von diesem Abenteuer, in dem er mit den Rasselflaschen Geräusche erzeugt, ehe er wieder auf die Kiste krabbelt.
Vom Rutschen lernen
Vielleicht gerät er dieses Mal versehentlich auf die schiefe Ebene und spürt, wie die Schwerkraft ihn da hinunter zieht. Manch Kind erschrickt und weint ob dieser ungewohnten Situation! Doch schnell entdecken sie den Reiz des Rutschens und genießen es, dass sie selbst beeinflussen können, wie oft sie diesen Genuss erleben!
Silas rutscht inzwischen sehr gerne, meistens mit dem Kopf voraus auf dem Bauch, die Rampe hinunter.
Er versucht auch, vom Boden aus die Rampe hinauf zu kriechen. Wenn er dabei barfuss sein darf, hat er einen guten Halt mit den Zehen.
Manchmal rutscht er ab, und erlebt dann das Rutschen mit den Füßen voraus. So lange die Vorstellung von der Welt außerhalb des Blickfelds fehlt, könnte das eine ähnlich kitzelige Erfahrung sein wie für uns die Fahrt in der Geisterbahn…
Silas spielt rund um das Pikler-Podest
Vom Spielraum für die Familie:
Silas‘ Mutter hatte sich gewünscht, dass er hier am Podest in Ruhe neue Erfahrungen machen kann und variationsreich mit den Dingen spielt. Sie vertraute ihm, dass er sich nicht leichtsinnig oder unaufmerksam an den Rand des Pikler-Podests begeben würde. So konnte sie seine Spielzeit nutzen und Dinge erledigen, die ihr neben seiner Betreuung wichtig waren.
Sie genoss diesen Spielraum mindestens so sehr wie ihr Sohn!
Spielraum auch für dich und dein Kind:
Nun ist das Podest wieder zurück im Familienspielraum, gereinigt und desinfiziert, und kann in der nächsten Familie zu mehr Spielraum beitragen. Bald auch bei Dir?