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Kinderrechte

Ein Gastbeitrag von Gabriele Pohl, Therapie, systemische Beratung, Supervision, Leitung des ZWISCHENRAUMS in Mannheim

Kinder haben Rechte:

Recht auf Spiel, Recht auf Bewegungsräume, Recht auf Natur, Recht auf den Umgang mit anderen Kindern, Recht auf den Umgang mit den Menschen, die sie lieben.

Lernen am Computer?

Der Wille des Kindes ist auf Tätigkeit gerichtet. Es will die Welt erkunden und gestalten. Kinder brauchen Erfahrungen in der aktiven Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt, sie brauchen den anderen Menschen zum Lernen- unmittelbar. Bildung ist ein ganzheitlicher Prozess und bedeutet Persönlichkeitsbildung und Ausbildung von Fähigkeiten. Das kann nicht zu Hause und am Computer stattfinden, auch wenn der Lernstoff didaktisch noch so gut aufbereitet ist. Lernen muss mit allen Sinnen stattfinden, nicht durch Abstraktion und intellektuelle Belehrung medial vermittelt.

Freiraum ist nötig!

Kinder darf man nicht über Wochen und Monate einsperren. Es braucht nicht viel Fantasie um sich vorzustellen, was momentan in Familien passiert, die in zu kleinen Wohnungen leben müssen, mit Eltern, die verängstigt sind, besorgt um ihre berufliche Existenz, allein gelassen mit kaum zu bewältigenden Anforderungen von außen, isoliert, überfordert. Das Kindeswohl ist vielfach gefährdet!

Kinder brauchen Bewegung, Raum, Natur, andere Menschen.

Kinder brauchen Kinder. Nur so kann soziales Lernen gelingen.

Kinder lernen von und miteinander. Das geht auch nicht mit Distanz. Umarmen gehört dazu, raufen auch, dem anderen nah sein.

Köpfe zusammenstecken und Geheimnisse teilen mit Masken? Banden bilden auf Abstand? Abschreiben lassen, wenn man alleine in der Bank sitzt?

Freies Spiel ohne Nähe? Das ist lebensfremd.

So kann und darf das Kinderleben nicht aussehen.

Das Virus ist für Kinder ein Angstvirus.

Wenn die Welt als gefährlich erlebt wird, wird das Kind in seinen Grundfesten erschüttert. Wenn wir Kinder unseren eigenen Ängsten aussetzen, entsteht bei ihnen Angst und Verwirrung.

Plötzlich sind andere Menschen gefährlich oder das Kind selbst für den geliebten Großvater.

Für seine gesunde Entwicklung muss das Kind die Welt als bedeutsam und sinnhaft, als „gut“ zu erleben. Es bedeutet ebenfalls das Gefühl des Kindes, Einfluss auf die Welt nehmen zu können und die Welt – auf seine Weise – als verstehbar zu erleben. Dadurch entsteht die Fähigkeit, Probleme meistern zu können, Mut zu entwickeln und Lebenssicherheit zu erlangen. Diese Grundlage wird den Kindern momentan weitgehend entzogen.

Die Situation der Kinder ist beängstigend

Wie kann es sein, dass uns mehr beschäftigt, wann und wie wieder Fußballspiele stattfinden können oder wann Biergärten geöffnet werden, anstatt sich Gedanken darüber zu machen, welchem Leid, welchen Gefahren wir Kinder aussetzen, indem wir ihnen den lebendigen Kontakt mit den Menschen, die sie kennen und lieben, in nie gekanntem Ausmaße verwehren, indem wir sie zu Hause isolieren und wesentliche Erfahrungsmöglichkeiten über lange Zeit verhindern.

Machen wir uns eigentlich Gedanken darüber, wie es kleine und kleinste Kinder verstört, wenn sie maskierten Menschen begegnen, deren Mimik verborgen bleibt? Wenn Gesichtsausdrücke nicht mehr zu deuten sind? Den anderen Menschen hinter den Masken in seinen Gemütsbewegungen nicht zu erkennen, ist für kleine Kinder zutiefst verstörend.

Machen wir uns eigentlich Gedanken zu den Heranwachsenden, die auf dem Weg der Ablösung von den Eltern sind und dringend ihre Peergroup brauchen zur Findung der eigenen Identität? Junge Menschen dürfen nicht in ihren Zimmern eingesperrt sein, weil sie Welterfahrung brauchen- und das nicht über Medien, sondern ebenso wie Kinder: unmittelbar.

Lassen wird die Kinder wieder raus, damit sie ihre Freunde treffen können, wieder den Kindergarten besuchen können, bei unmaskierten Menschen Schutz und Freiraum finden, in ihrer gewohnten Umgebung sein können.

Lassen wir sie wieder in die Schulen gehen, jeden Tag!

Bei aller notwendigen Vorsicht vor Infektionen müssen wir Schutzmaßnahmen ergreifen zur Verhinderung von seelischer Not, Depression und dem Ausgeliefertsein der Willkür hilfloser Eltern. Und das heißt:

Geben wir den Kindern und Jugendlichen, so weit es geht, ihren Alltag, ihr soziales Netz, ihre Freiheit zurück!

Gabriele Pohl

Da wachsen Kinder auf an Fensterstufen,

die immer in demselben Schatten sind,

und wissen nicht, dass draußen Blumen rufen

an einem Tag voll Weite, Glück und Wind,

und müssen Kind sein und sind traurig Kind.

R.M. Rilke

Von Heidi, Spielraum Leiterin

Spielraum Leiterin nach Pikler seit 2006 für Eltern mit Kindern von 0 bis 10 Jahren
Fortbildungen für Erzieher*innen: Einführung in die Pikler- und Hengstenberg-Pädagogik seit 2014